Vorwort
Rechtliche Grundlagen
Klärungsversuch
Überlegungen
zugelassene Präparate mit einer Wirkdauer > 12 Monate
Schlusskommentar / persönliche Sicht
Links
 

 

 

Vorwort:

Aus - wie man so schön sagt - gegebener Veranlassung habe ich mich in den vergangenen Tagen sehr intensiv mit dem Thema Tollwut-Impfung auseinandergesetzt und mir dabei auch Informationen von fachkompetenter Stelle eingeholt. Dies möchte ich an dieser Stelle mit Euch teilen und versuche, es so einfach wie möglich zu halten:



Rechtliche Grundlagen:

Im Jahr 2003 hat die EU die Verordnung 998/2003 erlassen, die den "Transport von Heimtieren zu nichtgewerblichen Zwecken" innerhalb der Gemeinschaft regeln soll. Darin wurde die Einführung des EU-Heimtierausweises, die Kennzeichnungspflicht der Tiere mittels Chip oder Tätowierung, sowie die für den Grenzübertritt verlangten Merkmale sowie Ausnahmen dieser Regelungen festgelegt

Entscheidend für die Impffrage ist hier Artikel 5, Abschnitt b der besagt:

"es muss ein Ausweis für sie mitgeführt werden, der von einem von der zuständigen Behörde dazu ermächtigten Tierarzt ausgestellt ist und aus dem hervorgeht, dass im Einklang mit den Empfehlungen des Herstellungslabors eine gültige Tollwutimpfung des betreffenden Tieres - gegebenenfalls eine gültige Auffrischungsimpfung gegen Tollwut - mit einem inaktivierten Impfstoff mit einem Wirkungsgrad von mindestens einer internationalen Antigeneinheit (WHO-Norm) vorgenommen wurde."

In anderen EU-Ländern gab es bereits Tollwut-Impfstoffe, die mit einer Immunitätsdauer von > 12 Monaten zugelassen waren; in Deutschland hingegen galt nach wie vor die Tollwut-Verordnung, nach der der Gesetzgeber die jährliche Tollwut-Impfung vorschrieb. Daher wurde im Februar 2005 zwecks Harmonisierung der EU-Entscheid 2005/91/EG "zur Festlegung des Zeitraums, nach dem die Tollwut-Impfung als gültig erachtet wird" erlassen. Hierin heisst es:

"Gründe für den Entscheid:
(1) Mit der Verordnung (EG) Nr. 998/2003 wurden die Veterinärbedingungen für die Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zu anderen als Handelszwecken sowie die Vorschriften für die Kontrollen dieser Verbringungen festgelegt.

(2) Nach der genannten Verordnung muss für das Heimtier ein Ausweis mitgeführt werden, aus dem hervorgeht, dass im Einklang mit den Empfehlungen des Herstellungslabors eine gültige Tollwutimpfung - gegebenenfalls eine gültige Auffrischungsimpfung gegen Tollwut - vorgenommen wurde.

(3) In den Empfehlungen des Impfstoffherstellers sind der Ablauf des Impfschutzes und der Zeitpunkt, bis zu dem die Auffrischungsimpfung vorgenommen werden muss, deutlich angegeben."

... und Artikel 1, Absatz 2 besagt:

"Die Tollwutimpfung wird jedoch ab dem Zeitpunkt der Auffrischungsimpfung als gültig betrachtet, wenn der Impfstoff innerhalb der Gültigkeitsdauer verabreicht wird, die der Hersteller des Impfstoffs einer vorangegangenen Impfung in dem Land angibt, in dem die vorangegangene Impfung vorgenommen wurde. Die Impfung gilt als Erstimpfung, wenn keine Veterinärbescheinigung über eine vorangegangene Impfung vorliegt."



Da EU-Verordnungen und -Entscheide national in den Mitgliedsländern umgesetzt werden müssen hat das zuständige Bundes-Landwirtschaftsministerium per 20.12.2005 die deutsche Tollwut-Verordnung gleichlautend geändert. In Artikel 1 Satz 3 heisst es nun:

"Im Sinne dieser Verordnung liegen vor:
[...]
3. wirksamer Impfschutz bei Hunden und Katzen, wenn eine Impfung gegen Tollwut
a) im Falle einer Erstimpfung bei Welpen im Alter von mindestens drei Monaten mindestens 21 Tage nach Abschluss der Grundimmunisierung und längstens um den Zeitraum zurückliegt, den der Impfstoffhersteller für eine Wiederholungsimpfung angibt, oder

b) im Falle von Wiederholungsimpfungen die Impfungen jeweils innerhalb des Zeitraumes durchgeführt worden sind, den der Impfstoffhersteller für die jeweilige Wiederholungsimpfung angibt."



Zusätzlich muss man wissen, dass alle "erlaubten" Arzneimittel durch ein Bundesorgan offiziell zugelassen werden müssen (in den USA ist das z.B. die FDA). In Deutschland wird dies durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) durchgeführt. ALLE in D verwendeten Arzneimittel müssen eine Zulassung des PEI besitzen, andernfalls ist die Verwendung untersagt.

Nun war es ja so, dass ein und dasselbe Anti-Tollwut-Präparat z.B. in den Niederlanden eine 3-Jahres-Gültigkeit haben konnte, hier in Deutschland jedoch nur für 1 Jahr zugelassen war - eben aufgrund des bis dahin geltenden nationalen deutschen Rechts. Jedoch war bereits in 2005 klar, dass eine Verlängerung der zugelassenen Immunitätsdauer für die Hersteller ohne grosse Schwierigkeiten machbar sein wird, so dass nicht eine aufwändige Neuzulassung, sondern lediglich die Erweiterung der bestehenden Zulassung durchgeführt werden musste.



Klärungsversuch:

Das gesamte Thema hat im vergangenen Jahr zu vielen Unsicherheiten, auch in der Ärzteschaft, geführt. Es gab und gibt TÄe, die sich weigern, die längere Immunitätsdauer in den EU-Heimtierausweis einzutragen, dies aus verschiedensten Motivationen. Das offizielle Organ des Bundestierärztekammer BTK, das "Deutsche Tierärzteblatt" hat daher in der Ausgabe Juli 2006 eine Klarstellung veröffentlicht.

Freundlicherweise hat mir Frau Dr.Sehr vom BTK die entsprechende Seite gestern gefaxt. Ebenso haben mir Intervet und Pfizer die Bestätigung geschickt, dass deren Tollwut-Vakzine die PEI-Zulassung für 3 Jahre besitzen. Von Essex Pharma habe ich die Datenblätter/Beipackzettel zu ihren Produkten erhalten, auf denen die Zulassung der Immunitätsdauer von 3 Jahren vermerkt ist. Bei den Präparaten von Virbac weiss ich, dass sie ebenfalls die PEI-Zulassung für 3 Jahre besitzen.

Zu beachten ist, dass bei Reisen nach England, Irland, Nord-Irland, Schweden, Malta sowie natürlich für alle Drittländer (auch in die Schweiz!) noch besondere Vorschriften für die Haustier-Verbringung zu beachten sind. Für alle anderen EU-Länder gilt:
wurde der Hund in Deutschland mit einem Präparat geimpft, welches vom PEI für 3 Jahre zugelassen ist, so gilt diese Impfung als wirksam!


Und nun zu den "Knackpunkten" dieser Regelungen aus Tierärzte-Sicht, über die sich jeder Halter ebenfalls Gedanken machen sollte:



Überlegungen:

-> der Tierarzt MUSS den verlängerten Schutz nicht eintragen!

Die BTK sagt dazu: "Auch wenn vom Hersteller eine Frist von (bis zu) drei oder vier Jahren angegeben wird, ist es dem Tierarzt unbenommen, eine kürzere Frist bei "gültig bis" im EU-Heimtierausweis einzutragen, wenn er dies fachlich für geboten hält."und weiter heisst es "Tierärztlicher Sachverstand und ein kompetent geführtes Impfgespräch sind deshalb weitere Fundamente einer wirksamen Tierseuchenbekämpfung mit Impfstoffen. [...] Unserer Ansicht nach bleibt es ferner der Tierärtzeschaft immer unbenommen, kürzere als maximal mögliche Impfintervalle einzutragen, sofern dies z.B. auf Basis des zitierten Impfgesprächs für erforderlich gehalten wird. Dies gilt nicht nur bei Impfungen gegen Tollwut."


-> die weiteren Schutzimpfungen sind im bisherigen Rhythmus durchzuführen!

Die Schutzwirkung der übrigen Impfungen (Lepto, Parvo, Staupe, Zwingerhusten, H.c.c.) reicht teilweise noch nicht mal 1 Jahr, weil die Hunde sehr unterschiedliche Antikörper-Titer aufweisen können.


-> gerade in Deutschland sind die Tollwut-Fälle gottseidank verschwindend gering, eben WEIL wir ein konsequentes Impfmanagement betreiben!
Studien belegen, dass erst bei einer zu etwa 75% durchgeimpften Population davon ausgegangen werden kann, dass wir keine Epidemien zu erwarten haben. Dies betrifft alle Seuchen im Zusammenhang mit Hunden (und lediglich um die geht es mir hier).


-> Tierarztbesuche nur zu Impfzwecken können gerade bei verlängerten Intervallen fatal sein!
Jemand, der mit seinem heute 6jährigen Hund zum Impfen geht, nur Tollwut impfen lässt und dann erst 2 Jahre später wieder hingeht, der hat sein Tier 25% dessen Lebens ohne tierärztliche Kontrolle gelassen! 2 Jahre ist auf die Lebensspanne eines Hundes gerechnet eine lange Zeit....



Jeder muss selbst - gemeinsam mit dem TA seines/ihres Vertrauens - entscheiden, welches Impfprotokoll für sein Tier den optimalsten Schutz mit gleichzeitig geringstmöglicher Belastung bietet. Mir geht es lediglich darum, an dieser Stelle auf die Möglichkeit des verlängerten Intervalls hinzuweisen bzw. Denkanstösse für den nächsten Besuch beim TA zu geben. Nur, wenn man selbst gut informiert ist, dann kann man auch vertrauensvoll und annähernd "auf Augenhöhe" mit seinem Tierarzt kommunizieren. Wenn dies sachlich geschieht, wird es von den meisten Tierärzten auch sehr begrüsst, habe ich festgestellt...


 


Zugelassene Präparate mit einer Wirkdauer > 12 Monate (i.d.R. 3 Jahre)


Schlussendlich noch die Liste der vom PEI mit einer Immunitätsdauer von 3 Jahren (für Hunde!!!) zugelassenen Tollwut-Impfstoffe. Bei Kombipräparaten gilt dies natürlich jeweils nur für die Tollwut-Komponente!

Pfizer:
Enduracell 8 (Tollwut + 5fach-Kombi)
Enduracell LT (Tollwut + Lepto)
Enduracell T (Tollwut)
Vanguard R (Tollwut) -> wird in D jedoch nicht vermarktet!

Essex:

Epivax LT (Tollwut + Lepto)
Epivax SHPP + LT (Tollwut + 5fach-Kombi)
Rabdomun (Tollwut)

Intervet:
Nobivac LT (Tollwut + Lepto)
Nobivac SHP + LT (Tollwut + 4fach-Kombi)
Nobivac SHPPi + LT (Tollwut + 5fach-Kombi)

Virbac:
Virbagen (Tollwut)
Virbagen canis LT (Tollwut + Lepto)
Virbagen canis SHAP/LT (Tollwut + 4fach-Kombi)
Virbagen canis SHAPPi/LT (Tollwut + 5fach-Kombi)


Keine Info habe ich zu
Riemser: Riemser Tollwut-Vakzine (haben meine Anfrage nicht beantwortet)
Merial: Rabisin (ebenfalls nicht beantwortet) und Eurican (aufgrund des Zulassungsdatums eher unwahrscheinlich)

Wenn jemand hier ergänzende Informationen zu hat, dann immer her damit.



Schlusskommentar / persönliche Sicht:

Grundsätzlich bedeuten Impfungen immer in gewisser Weise eine Belastung für den Körper - bei Mensch und Tier. Manchen merkt man gar nichts an, manchen schon. Aber es ist und bleibt ein Eingriff in den Körper, auch wenn er einem guten Zweck dient. Die heutigen Impfstoffe gelten als allgemein gut verträglich für unsere Hunde, aber trotzdem kann es immer wieder zu kurzfristigen Impfreaktionen kommen (bei Katzen übrigens noch extremer und häufiger als bei Hunden).

Man sollte immer gemeinsam mit dem TA abwägen, ob die Wohnregion und/oder die Reisegewohnheiten einen längeren als den jährlichen Rhythmus rechtfertigen. SICHERER im Sinne der Schutzwirkung ist die jährliche Impfung keinesfalls, denn auch von den bisher mit Jahreszulassung verwendeten Totvakzinen wusste man bereits, dass sie einen längeren Schutz als 12 Monate bieten. Die jetzt verwendeten Präparate sind exakt die gleichen wie in den letzten Jahren!

Wer sichergehen will, der könnte beispielsweise eine 2- oder 3-jährige Tollwut-Impfung anvisieren und im Jahr/in den Jahren  dazwischen vor der Lepto-, Parvo- ect.Impfung eine Tollwut-Titer-Bestimmung machen lassen. Daran sieht man, ob noch ausreichender Schutz vorhanden ist.

Für mich persönlich ist das unnötig, weil wir "nur" in Länder wie Holland, Belgien oder Österreich mit Hund reisen. Die gelten weder als besonders tollwutgefährdet, noch haben sie andere als EU-Richtlinien. Ergo werde ich Cora nicht mehr jedes Jahr Tollwut-Impfen lassen. Aber die Entscheidung sollte im Sinne der Tiergesundheit wie gesagt gemeinsam mit dem TA getroffen werden.

Meiner z.B. sagte mir, dass ich halt doch sehr verantwortungsbewusst mit meinen Tieren umgehen würde und er daher bei mir kein Problem hat, ein längeres Intervall einzutragen. Er habe aber andere Halter, die sowieso nur gegen Tollwut impfen lassen und wenn er denen mehr Zeit für die Auffrischung einräumt, dann sieht er die Tiere ja noch weniger als 1xjährlich. Gerade Hunde, die das Seniorenalter erreicht haben, können ja schon mal Zipperlein kriegen, die wir als Laien vielleicht nicht erkennen, aber der TA mit seinem geschulten Auge schon. Ergo ist es auch eine Frage der Allgemeingesundheit des Tieres.

Ich möchte an dieser Stelle auch anmerken, dass ich es den TÄen, die nur die Jahresgültigkeit eintragen, keinesweg rundweg als Profitmache anlaste wenn sie so handeln. Es mag solche Fälle auch geben, aber ein Tierarzt, der fürsorglich mit seinen Patienten umgeht, hat das Gesamtwohl des Tieres im Auge und nicht nur die paar Euro, die er an der Impfung verdient!

Ausserdem betone ich, dass ich weder zu den gnadenlosen Impfkritikern gehöre, die im Internet zuhauf teils unfundierte und oft hetzerische Anti-Impf-Tiraden verfassen, noch blindlings meinen Hund mit Chemie vollzustopfen gedenke. Ich möchte für mich persönlich die sicherste Balance finden, bei der mein Hund am besten geschützt und am wenigsten belastet wird.



Links:

Intervet-Infoseite über Reisekrankheiten
Paul-Ehrlich-Institut / Infoseite mit zugelassenen Impfstoffen
Vetion: Tollwut-Verordnung
Vetion: 998/2003/EG + 2005/91/EG sowie ergänzende Vorschriften
Vetline: Info über Tollwut-Fälle in Rheinland-Pfalz (Stand: 02.01.2007)
Vetline: unzureichender Impfschutz in Deutschland




Text: (c) by BG entertainment 2007.
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